Raumentwicklungsstrategien zum Klimawandel - Vorstudie für Modellvorhaben

Hintergrund und Ziele

Der ⁠Klimawandel⁠ stellt die Raumplanung vor neue Herausforderungen. Die Anpassung der Raum- und Nutzungsstrukturen an die Folgen des Klimawandels ist ein wesentliches Element nachhaltiger Raumentwicklung. Dazu sind die Risiken des Klimawandels räumlich zu typisieren, geeignete planerische Handlungsgrundlagen und Instrumente zu entwickeln und diese in Raumentwicklungsstrategien zur ⁠Anpassung an den Klimawandel⁠ einzubinden. Die Vorstudie soll deren Erprobung in "Modellvorhaben der ⁠Raumordnung⁠" (MORO) vorbereiten.

Die Vorstudie baut auf drei Säulen auf:

  1. Durch eine regional differenzierte Betrachtung der ⁠Klimafolgen⁠ wird der Bedarf an Anpassungsmaßnahmen räumlich konkretisiert. Zentrale Aufgabe ist es dabei, die Klimafolgen auf der Ebene planungsrelevanter Einheiten zu erfassen und zu bewerten. Dazu werden im Rahmen einer Literaturstudie zunächst die bestehenden Ansätze zur Anpassung der Raumnutzung an den Klimawandel erfasst und auf ihre Übertragbarkeit auf Deutschland überprüft. In einem mehrstufigen Verfahren sollen dann Klimawandel-Regionstypen (KWRT) bestimmt werden, aus denen im weiteren Verlauf Klimawandel-Betroffenheits-Raumtypen (KWBRT) abgeleitet werden.
  2. Aus diesem Pool sollen Klimawandel-Beispielregionen (KWBR) bestimmt werden, deren genauere Analyse im Rahmen weiterer Modellvorhaben der Raumordnung besonders vielversprechend ist.
  3. Auf Basis einer Analyse bestehender formeller und informeller Instrumente der Raumordnung wird die Notwendigkeit zur Weiter- und Neuentwicklung planerischer Instrumente erfasst. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Potentialen bestehender Governance-Modelle zur Entwicklung räumlicher Klimawandelstrategien.

Mit diesem dreigliedrigen Ansatz will das Forschungsvorhaben die in Deutschland bestehende Lücke im Überschneidungsbereich zwischen Forschung und Planungspraxis schließen.

Ziel des Forschungsvorhabens ist die Vorbereitung von Modellvorhaben der Raumordnung (MORO) für Anpassungsstrategien an die raumrelevanten Auswirkungen des Klimawandels. Dazu verfolgt das Forschungsvorhaben drei Teilziele:

  1. Räumliche Typisierung von Klimaänderungen und -folgen, d.h. die Ermittlung regionaler Klimawandel-Raumtypen und die Zuordnung zu Klimawandel-Betroffenheits-Raumtypen zur Identifikation "räumlicher Brennpunkte" (Klimarisikogebiete).
  2. Entwicklung spezifischer Strategien, d.h. die Formulierung regionsspezifischer Schutz-, Minderungs- und Anpassungsstrategien der Regionalplanung und damit Identifizierung des raumordnerischen Handlungsbedarfes (Klimawandel-Aktionstypen) auf Basis einer bundesweiten Analyse bestehender raumordnerischer Instrumente und Governance-Ansätze.
  3. Vorbereitung regionaler Klimawandel-Modellvorhaben auf Basis der Charakterisierung von Klimawandel-Beispielregionen mit regionsspezifischen Schutz-, Minderungs- und Anpassungsstrategien.

Wesentlicher Bestandteil ist die Beschreibung möglicher Entwicklungspfade des aus den Wirkungen des Klimawandels resultierenden (raum-)planerischen Handlungsbedarfs sowie der Maßnahmen und Instrumente zur Bewältigung dieser Aufgaben. Besonderer Fokus liegt dabei auf Anpassungsstrategien mit raumordnerischer Relevanz. Die Betrachtung konzentriert sich vor allem auf die Entwicklungen in "räumlichen Brennpunkten", d.h. Gebieten mit besonders hohem Handlungsdruck.

Laufzeit

bis

Untersuchungsregion/-raum

Land
  • Deutschland

Schritte im Prozess zur Anpassung an den Klimawandel

Schritt 1: Klimawandel verstehen und beschreiben

Ansatz und Ergebnisse 

Ergebnis des Projekts hinsichtlich der regionalen hochauflösende Klimaszenarien ist, dass das ⁠Klimamodell⁠ REMO (MPI Hamburg) die derzeit beste verfügbare Datenbasis für die Entwicklung von Anpassungsstrategien der ⁠Raumordnung⁠ ist. Es liegen für das Klimamodell REMO Ergebnisse in der Auflösung 0,088° (ca. 10 x10 km) für den Zeitraum 1950 bis 2100 und die ⁠IPCC⁠-Emissionsszenarien A1B, A2 und B1 vor.

Parameter (Klimasignale)
  • Veränderte Niederschlagsmuster
  • Höhere mittlere Temperaturen
  • Meeresspiegelanstieg und Sturmfluten
  • Sturm
Weitere Parameter 

Wind und Stürme, Extremereignisse

Zeithorizont
  • mittelfristig = bis 2050
  • langfristig = bis 2100 und darüber hinaus
Weitere Zeitangaben 

2100

Schritt 2a: Risiken erkennen und bewerten (Klimafolgen/-wirkungen)

Analyseansatz 

Hochauflösende Klimaszenarien zeigen, dass sich die Folgen des Klimawandels regional deutlich unterscheiden. So werden einzelne Regionen stärker als andere von Naturgefahren wie Extremhochwässern, Dürren, urbanen Hitzeeffekten, Starkwindereignissen, Massenbewegungen (u. a. Muren, Hangrutschungen, Lawinen) oder von wirtschaftlichen Folgen durch Veränderungen in Land-, Forst- und Energiewirtschaft, Tourismus und Verkehr betroffen sein.

In der Vorstudie werden folgende raumordnerisch relevante Wirkfolgen des Klimawandels in Deutschland betrachtete:

- Schleichende Veränderungen: Zunehmender Verlust des Oberbodens durch Wassererosion, steigende Gefährdung der Artenvielfalt, zunehmende Schwankung des Grundwasserspiegels, Einschränkung der als Brauchwasser nutzbaren Wasserressourcen;

- Extremereignisse: Häufigere Hitzeperioden oder Hitzewellen, häufigere Starkregenereignisse und Sturzfluten, Veränderung von Frequenz und Stärke von Flusshochwässern, häufigere und höhere Sturmwasserstände, steigende Gefahr von gravitativen Massenbewegungen, steigende Waldbrandgefahr, häufigere Beeinträchtigung und Zerstörung der Infrastruktur.

Durch den Vergleich der vorhandenen Informationen über das regionale Auftreten raumplanerisch relevanter ⁠Klimafolgen⁠ und der lokalen ⁠Sensitivität⁠ kann die potenzielle regionale Betroffenheit ermittelt werden. Die Überlagerung verschiedener Wirkfolgen zeigt eine besonders große Betroffenheit durch Probleme, die durch steigende Sommertemperaturen und sinkende Sommerniederschläge ausgelöst werden.

Die Auswertung lässt einen Schwerpunkt der Betroffenheit entlang des Rheines und dem Alpenvorland erwarten; aber auch in Ostdeutschland ist mit dem Entstehen erheblicher Betroffenheiten zu rechnen. Bei der Betrachtung einzelner Wirkfolgen, wie z.B. der steigenden Waldbrandgefahr, treten diese Betroffenheiten noch deutlicher hervor. Im Gegensatz dazu treten die Betroffenheiten durch zunehmende Winter- und Extremniederschläge ausgelöste Probleme, vor allem im Nordwestdeutschen Tiefland und an der Nordseeküste auf. Gerade hier erhöht die Kombination aus der Gefährdung durch Sturmfluten und einer wahrscheinlichen Zunahme von Extremniederschlägen (v.a. infolge von Winterstürmen) die potenzielle Betroffenheit.

Schritt 2b: Vulnerabilität, Risiken und Chancen

Dringlichkeit und Priorisierung von Anpassungsbedarf 

Die Vorstudie hat hinsichtlich des raumordnerischen Handlungsbedarfs einen Überblick über die Potenziale der ⁠Raumordnung⁠ in Bezug auf die Vorsorge und ⁠Anpassung an den Klimawandel⁠ erstellt. In der durchgeführten Analyse werden die Bandbreite möglicher - bereits existierender - Instrumente und potenzieller Aktionsfelder der Raumordnung betrachtet, unabhängig davon, inwieweit diese bereits implementiert oder in der Praxis erprobt sind. Es werden sowohl die Anpassung an den Klimawandel als auch der ⁠Klimaschutz⁠ mit einbezogen.

Vor dem Hintergrund des raumordnerischen Handlungsbedarfs in Bezug auf den Klimawandel werden folgende Aufgaben für die Umsetzung des Modellvorhabens in den Modellregionen identifiziert:

  1. Anwendung und praktische Überprüfung der regionalen Anpassungsstrategien;
  2. Weiterentwicklung und Anwendung konkreter Instrumente und Maßnahmen;
  3. Plattform für Diskursprozesse mit den tatsächlich Betroffenen, um die Legitimation und Akzeptanz und damit Umsetzungschancen der Maßnahmen zu erhöhen.

Schritt 3: Maßnahmen entwickeln und vergleichen

Maßnahmen und/oder Strategien 

Hintergrund und Ziele:
Die Anpassung von Raumnutzungen und Raumnutzungsstrukturen an die Folgen des Klimawandels ist aufgrund der Bedeutung des Klimas für die Volkswirtschaft ein wesentlicher Baustein nachhaltiger Raumentwicklungsstrategien. Hieraus entstehen neue Anforderungen an die räumliche Planung. Sie wird zukünftig vermehrt die sich verschärfenden Konflikte zwischen unterschiedlichen Raumansprüchen koordinieren müssen. Gleichzeitig kommt ihr die Aufgabe zu, die Entwicklung einer klimaangepassten Raum- und Nutzungsstruktur anzustoßen.

Die erforderliche ⁠Anpassung an den Klimawandel⁠ bedarf der Entwicklung mittel- und langfristiger Konzepte, die (präventive) Klimaschutzmaßnahmen wie auch Anpassungsmaßnahmen umfassen. Die Auswertung der bestehenden Regionalpläne dokumentiert grundsätzlich ein breites und vielfältiges Repertoire an Regelungsmöglichkeiten bezogen auf das Thema Klimawandel. Es wird aber auch deutlich, dass die Regionalplanung sich bislang vor allem auf den Aspekt der Emissionsreduktion von klimarelevanten Gasen konzentriert hat.

In der Regel wird das Grundsatzthema ⁠Klima⁠ auch in Plänen zum vorbeugenden Hochwasserschutz vor allem als ein weiterer Begründungszusammenhang zur konsequenteren Anwendung schon bestehender regionalplanerischer Instrumente im Bereich Siedlungsentwicklung, regionale Frischluftgebiete und Grünzüge sowie für Standorten regenerativer Energien gesehen. Eine der wichtigsten Herausforderungen der Regionalplanung ist es, dass Themenspektrum, in dem die Anpassung an den Klimawandel Berücksichtigung findet, zu erweitern.

Wer war oder ist beteiligt?

Förderung / Finanzierung 

Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS): KlimaMORO

Projektleitung 

Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), Bonn

Beteiligte/Partner 

Technische Universität Dortmund, Fakultät Raumplanung, Institut für Raumplanung (IRPUD) und Lehrstuhl Landschaftsökologie und Landschaftsplanung (LLP);

Austrian Research Centers GmbH - ARC, Bereich "Systems Research", Geschäftsfeld "Spatial Systems";

Justus-Liebig-Universität Gießen, Institut für Geographie, Professur Kommunale und Regionale Planung

Ansprechpartner

BBR - Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung
Deichmanns Aue 31-37
D-53179 Bonn

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Handlungsfelder:
 Energieinfrastruktur  Landwirtschaft  Raumplanung, Stadt- und Siedlungsentwicklung  Tourismuswirtschaft  Verkehr und Verkehrsinfrastruktur  Wald- und Forstwirtschaft